Wien / Berlin © 2007
Orfeo - Data - Soap 2005/06/07
„Das ist die Sitte des Landes so, und ich passe mich halt hier eben an.” Digitale Bildmontage © MW06
Das Gespräch als Branchenentzauberung
22. Januar 2006 
Susanne Osthoff und Marietta Slomka vor dem Interview im „heute-journal”.  

Marietta Slomka: Also, Frau Osthoff kann mich noch nicht hören.
 
Susanne Osthoff: Doch, ich höre Sie. 
Slomka: Ach, Frau Osthoff, ich grüße Sie. Das freut mich. Mein Name ist Marietta Slomka,
ich bin Moderatorin beim ZDF und wollte gleich das Interview mit Ihnen führen.
Ich kann Sie auch sehen, aber Sie können mich wahrscheinlich nicht sehen.
 
Osthoff: Ich hab' mich schon sehr gewundert, daß mir keiner mal - ich weiß schon,
wie Sie aussehen, offenbar schöner wie ich. 
Slomka: Vor allen Dingen, von Ihnen sieht man im Moment nichts.
 
Osthoff: Ich wollte nur noch mal kurz sagen, es gibt für mich, ja, Sie werden mich auch.
Ich wollte vorher schon, ich warte seit heute morgen, daß mir das jetzt mal bestätigt wird,
das Interview. Denn ich hab' ja gestern schon was gesagt, da wurde in der Deutschen Welle
eine leichte Verzerrung, nicht nur eine Verzerrung, da wurde behauptet, ich hätte irgendwas
erzählt, daß ich in den Irak zurückkehre und ein gewisser Herr Steinmeier hätte mich gewarnt.
In dem Interview - ich hab' die Kassetten hier live dabei - ist diese Frage nicht mal angeschnitten
worden, und ich möchte bitten, wenn diese staatlichen Sender müssen sich dann daran halten,
was ich hier gesagt habe, denn sonst werde gar keinen Satz mehr sagen und deswegen bitte ich
auch darum, daß ich das vorher abkläre, denn ich hab' hier die Kassetten, alles, was gesagt wurde,
und wenn ich jetzt nicht mal einem staatlichen Sender vertrauen kann, dann kann ich auch nichts
mehr sagen (. . .) ich möchte auch jetzt mal ganz klarstellen, daß ich dann auch mal was sagen
werde, bevor mich mal jemand fragt, denn Sie werden mich nicht fragen, wie es mir geht.
Sie werden mich fragen, warum haben Sie denn nicht in Deutschland sich entschuldigt (. . .) 
Slomka: Also, das tut mir leid. Ich selber habe es immer wieder auf dieser Handynummer probiert,
das war auch die einzige, die wir hatten, weil ich auch ganz wichtig finde, daß man erst mal ein
Vorgespräch führt und sich ein bißchen kennenlernt. Ich kann Ihnen aber versichern, ich habe hier
auch einen Zettel mit Fragen, die ich mir überlegt habe.
 
Osthoff: Kennenlernen werden Sie mich sicherlich nicht mehr 
Slomka: Aber daß man telefonisch mal so ein bißchen miteinander spricht und daß man ein
Gefühl füreinander hat, daß Sie auch eben Vertrauen haben. Daß ich natürlich als erstes die
Frage stelle, wie es Ihnen geht, und Sie nicht mit irgendwelchen Vorwürfen direkt bombardiere.
Also nichts liegt mir ferner und das Gute an dem Gespräch, das wir gleich miteinander führen:
Es ist so, daß es in deutscher Sprache eins zu eins so gesendet wird, das heißt, das,
was Sie sagen möchten, wird dann auch so gesendet, und da gibt es keine Übersetzung aus
dem Arabischen, oder da wird dann nichts verzerrt, und das ist dann so, wie wir miteinander
sprechen, dann im deutschen Fernsehen zu sehen.
 
Osthoff: Wenn nicht mal diese Frage gestellt wird, Frau Slomka ... 
Slomka: Welche Frage?
 
Osthoff: Wenn nicht mal die Frage im arabischen Sender in zwei Interviews gestellt wird,
was ich jetzt mache und wo ich wieder hinfahre, das hat, diese Frage ist nicht mehr erwähnt
worden, denn es ging nur um das Kidnapping, und darum geht's jetzt auch nur und um Fakten,
und ich werde da keine Fragen beantworten, wo es um Deutschland geht, denn Deutschland ist
nicht mein Land mehr, schon lange nicht mehr. Und da ist auch nichts gezahlt worden,
ich wurde weder gefördert noch sonst was, das sage ich Ihnen jetzt. Ganz einfach, da wird jetzt
keine Fakten mehr verdreht, und ich rede bayerisch, wenn Sie es nicht verstehen, 
Slomka: Doch, mein Mann ist Bayer, ich verstehe Sie sehr gut.
 
Osthoff: Sprachprobleme ... 
Slomka: Ach Frau Osthoff, ich habe ein großes Herz für Bayern.
 
Osthoff: Das Ganze ist nicht mehr witzig, ich, ja, ich hab' jetzt kein Herz mehr, die Deutschen
haben mir gegenüber nicht besonders viel Gnade erwiesen, ja. Und äh, ich möchte jetzt auch
deswegen das ganz knapp und sachlich halten, und ich sage dann zuerst mal was, ja?
Sonst sage ich gar nichts mehr. Und Deutschland soll mir jetzt auch sagen, ZDF bitte,
wieviel Geld ich für das Interview noch kriege, denn ich habe jetzt Ausgaben, daher zu kommen,
überhaupt. 
Slomka: Also ich bin sicher, daß die Ausgaben...
 
Osthoff: Die Araber haben mir gestern schon einen Kuvert überwiesen, das ist hier ganz üblich,
das müßten die Deutschen jetzt mal mir bitte sagen, denn ich möchte das jetzt schon mal geklärt
haben. Denn ansonsten wird das noch kürzer, des Ganze, sonst wird nur ja oder nein gesagt,
und ich hätte das vorher schon angekündigt, aber es wollte ja keiner wissen, die denken ja,
ich hab' das nötig, ich hab' nix nötig, ich kenn' die ganzen Fernsehsender, die haben mich... 
Slomka: Also, die Reisekosten die Sie jetzt hatten, um zu diesem ...
 
Osthoff: Sie jetzt alles tausendmal verdreht, 
Slomka: Wollen wir denn, also die Reisekosten, die Sie hatten ...
 
Osthoff: Ich möchte keinen Gnadenakt, und zwar, es gibt einen Fonds, ich hab', ich wird' des
nicht mehr beantragen, Sie sagen mir jetzt vorher, was ich jetzt von Ihnen als Gnadenakt vom
ZDF für diesen Auftritt kriege, denn Sie kriegen dafür, werden dafür irgendwie Einschaltquoten
dafür vielleicht haben, und das ist jetzt eigentlich mal das Minimum 
Slomka: Wir sind ja ein öffentlich-rechtlicher Sender, und wir können...
 
Osthoff: ...einen Gnadenakt kriegen und zwar, das weiß ich, aber öffentlich-rechtlich braucht auch
nicht Lügen, nämlich DW und ARD und ZDF können sich so was, die kriegen nämlich dann über
Al Dschazira von mir eine Klage, seit gestern ist das, werde ich zahlen lassen. 
Slomka: Nee, wir wollen ja auch gar nicht lügen, sondern wir wollen ja versuchen, daß ...
 
Osthoff: Nicht mehr zu irgendwas, 
Slomka: Wollen wir denn vielleicht einfach versuchen, das Gespräch zu führen? 
Osthoff: Ich bin's jetzt leid ... 
Slomka: Und ich bin mir sicher, daß Sie...
 
Osthoff: Ich bin der Meinung, daß Sie mir vorher sagen, ob ich dafür eine ... 
Slomka: Also, Sie bekommen, ich weiß nur, daß Sie die Unkosten ...
 
Osthoff: Wollen Sie dann für mich sammeln, dann irgendwie ... 
Slomka: ... daß Sie die Unkosten erstattet bekommen, das ist ja klar, die Sie jetzt hatten.
 
Osthoff: Wie hoch? 
Slomka: In das Studio von Al Dschazira zu kommen, das versteht sich. Aber als öffentlich-
rechtlicher Rundfunk zahlen wir kein Honorar, wir werden ja auch nicht nach Einschaltquoten
oder ähnlichem bezahlt. Ich dachte aber eigentlich, daß das vorher abgeklärt war.
 
Osthoff: Nein, das ist mir egal, Sie werden sich wohl eine, da nichts war abgeklärt und ich wollte
heute morgen einfach aufgrund der Fakten noch mal mit der, das hab' ich gestern gesagt,
ich möchte des jetzt alles noch wissen, ich red' noch nimmer, nach dem, was jetzt schon alles
passiert ist. 
Slomka: Aber wäre es denn nicht wichtiger, wenn wir versuchen...
 
Osthoff: Sie es mir einfach mal sagen, ich glaub' nicht, daß Sie so arm sind, daß Sie nicht
irgendeine Summe nennen können. 
Slomka: Also, ich kann mit Ihnen jetzt nicht über Summen verhandeln, das muß ich Ihnen
ganz klar sagen.
 
Osthoff: Ich glaube nicht, daß Sie wie ich mit einer Plastiktüte und drei Taschen noch leben.
Weiß ich schon, niemand von Ihnen kann irgend was eigenständig entscheiden, das ist das
Problem in Deutschland, deswegen 
Slomka: Aber wäre es nicht vielleicht wichtig für Sie, daß Sie die Gelegenheit haben,
Ihre Sicht der Dinge...
 
Osthoff: Und deswegen muß ich jetzt aufpassen. 
Slomka: Aber wäre es nicht wichtig für Sie, daß Sie eine Gelegenheit haben...
 
Osthoff: Soll ich dafür noch was zahlen, dann? 
Slomka: Nein, aber daß Sie Gelegenheit haben, Ihre Sicht der Dinge darzustellen und damit
auch Mißverständnisse wie zum Beispiel das Thema Irak und Rückkehr, über das Sie sich ...
 
Osthoff: Jetzt habe ich keine Sicht mehr, Sie, ich werde die Frage nicht beantworten, das
betrifft das ganze Thema nicht. Sie werden jetzt mir mal logische Fragen stellen, die in dem
Zusammenhang des Verbrechens stehen oder sonst, wenn wie Sie das auch definieren wollen,
sondern es geht hier nicht um, was ich will, denn das hat mich noch nie einer gefragt,
verstehen Sie? 
Slomka: Ich finde das schon interessant, was Sie wollen.
 
Osthoff: Des ist jetzt komisch, nach 42 Jahren kommt plötzlich jemand und fragt, was ich will. 
Slomka: Genau das würde mich aber interessieren.
 
Osthoff: Sie jetzt vielleicht gerade, aber ich kenn' Sie nicht mal, und ich will auch niemand im
Moment, ich möchte keine Menschen mehr kennenlernen. 
Slomka: Das kann ich, nach dem, was Sie erlebt haben, auch sehr gut verstehen.
Ich will Sie auch nicht drängen oder irgendwie quälen, also wenn Sie das Gefühl haben,
ich möchte eigentlich jetzt überhaupt nicht mehr sprechen
 
Osthoff: Sie glauben, Sie können sich nicht mehr vorstellen, ja? Ich spreche schon, aber dann,
ich sag's Ihnen eben jetzt, nicht mehr in der Schiene, die Sie sich jetzt vorstellen,
denn ich krieg' ja auch nix dafür, ich wurde nicht mal informiert, daß es jetzt stattfindet,
das hat keiner für nötig gefunden, das fragen Sie sich mal, was das für eine Organisation ist.
Sie, ich bettle nicht, ja? Hab ich noch nie gemacht, werde ich auch nicht. Ich stehe immer noch,
wie Sie sehen, ich brauch' auch nicht sitzen. Andere Menschen würden wahrscheinlich jetzt mal
nicht mal hier diesen Ort erreichen können nach dem Ganzen. Aber es hat sich bisher noch
keiner gefragt, das ist auch nicht mehr das Thema. 
Slomka: Doch, ich frag' mich das, wie es Ihnen geht.
 
Osthoff: Jetzt machen wir das mal so. Jetzt sagen Sie mir, wann soll des anfangen und wie lange
wird's dauern. 
Slomka: Sobald Sie dazu bereit sind. 
Osthoff: Ja, jetzt einfach mal. 
Slomka: Sollen wir einfach mal anfangen, Frau Osthoff?
 
Osthoff: Wann wird das live übertragen? 
Slomka: Das wird heute abend ...
 
Osthoff: Nein, nicht einfach so, ich möchte des vorher wissen. 
Slomka: Ja, das wird um 21.45 Uhr gesendet, in unserer Sendung heute-journal. Und wir haben
dafür einen Zeitrahmen von zur Zeit 6 Minuten oder 8 Minuten. Aber wir müssen es eben aus
technischen Gründen jetzt aufzeichnen, und wir wollten Sie auch nicht dann irgendwie heute
nacht irgendwo hinbewegen. Sollen wir vielleicht einfach mal anfangen, und wenn Sie das Gefühl
haben, das paßt mir alles nicht, dann können Sie immer noch sagen, nee, das will ich jetzt
nicht.
 
Osthoff: Ich sag nicht einfach, nee, will ich nicht, ich warte jetzt mal, was Sie sagen, und ich habe
Sie jetzt darauf hingewiesen, 
Slomka: Wollen Sie denn auch während des Gesprächs verschleiert bleiben? Ist Ihnen das
persönlich...
 
Osthoff: Das Gesicht bleibt so aus diesen Gründen, denn... 
Slomka: Okay.
 
Osthoff: Ich hab' dafür eindeutig Gründe, das hätte ich vorher noch abklären können, wenn mir
dann irgend jemand noch eine Zusage gegeben, ich bin jetzt nicht mehr in der Verfassung,
noch in mein Gesicht äh, ich meine, ich kann nicht mehr, ja? Das ist die Sitte des Landes so,
und ich passe mich halt hier eben an. 
Slomka: Frau Osthoff, wie geht es Ihnen denn im Moment?
 
Osthoff: Da können die Leute dann wieder Geld vermarkten, neue Fotos und so weiter,
des bringt dann was. 
Slomka: Also über Susanne Osthoff ist ja viel berichtet worden,
 
Osthoff: Ist das jetzt live oder nicht? Ab hier beginnt das
Zitiert nach Text: F.A.Z., 23.01.2006, Nr. 19 / Seite 38